BILANZ WEB REPORTS
Felicitas Graf
Telearbeit in der Schweiz - anders als in der EU
Die Schweiz belegt in der Telearbeit im europäischen Vergleich zwar nur den vierten Rang, weist aber interessante Abweichungen auf.
Telearbeit - das heisst Bildschirmarbeit nicht am Ort des Arbeitgebers - gibt es schon seit geraumer Zeit. Neu sind die Möglichkeiten, die sich durch moderne Internet- und Telekommunikationstechnologien ergeben. Rund zehn Prozent aller Erwerbstätigen in der Schweiz leisteten Ende 1999 nach eigener Aussage Telearbeit. 52 Prozent der befragten Schweizer Betriebe praktizierten Telearbeit. Damit liegt die Schweiz auf Rang vier von zehn untersuchten europäischen Ländern, hinter den skandinavischen Ländern Finnland, Schweden und Dänemark sowie Holland.
Das gute Abschneiden der Schweiz erstaunt nicht, sind die Voraussetzungen für Telearbeit hier zu Lande doch denkbar günstig: Mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen üben eine Tätigkeit aus, die mindestens einen Tag pro Woche nicht am Arbeitsort erledigt werden kann, und ebenfalls mehr als die Hälfte besitzen einen PC mit Modem und Telefonanschluss im eigenen Haushalt. Zu diesem Resultat kommt die Studie «Electronic Commerce und Telework Trends» (ECATT). Partner in der Schweiz waren das Forschungsunternehmen WiSo Dr. Schoch und Partner sowie die Fachhochschule Solothurn Nordwestschweiz.
Die Studie zeigt auf, welche Formen der Telearbeit hier zu Lande existieren und wie sich die Telearbeit im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gestaltet. Unter den untersuchten Unternehmen waren der Rückversicherer Swiss Re, Telco-Ausrüster Alcatel, Compaq sowie die Werbeagentur Zutt und Partner. Typische Schweizer Telearbeitbetriebe sind grössere Unternehmen in ländlichen Regionen. Damit unterscheidet sich die Schweiz in zweierlei Hinsicht von anderen europäischen Ländern: Erstens sind es in diesen Ländern vor allem städtische Unternehmen, die Telearbeit anbieten. Zweitens ist Telearbeit in der Schweiz vor allem beim Handel von Konsumgütern und Dienstleistungen verbreitet, während dies sonst vor allem im Sektor Finanz- und Unternehmensdienstleistungen der Fall ist. «Der Finanzsektor ist für die Schweiz zu wichtig, als dass man die Gefahr eingehen will, die Kontrolle darüber zu verlieren», so der Kommentar von Professor Najib Harabi von der Fachhochschule Solothurn.
Die Forscher wollten auch wissen, wie Unternehmen sowie deren Mitarbeiter mit den Teleworking-Lösungen zufrieden sind.Das Fazit der Studie: Insgesamt beurteilen die Unternehmen wie auch deren Mitarbeiter die Erfahrungen mit der Telearbeit als positiv. Seitens der Unternehmen wurde besonders als Vorteil ins Feld geführt, mittels Telearbeit liessen sich Kosten für Arbeitsplätze und Löhne senken. Zum Teil registrierten die Firmen auch eine effizientere Bearbeitung der ausgelagerten Arbeiten.
Die Mitarbeiter wiederum lobten die Möglichkeit, ihre Arbeit flexibler zu gestalten, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die störungsfreie Arbeitsumgebung und die wegfallenden Arbeitswege. Als Belastung empfanden sie die hohe Eigenverantwortung und Selbstdisziplin, die Gefahr der Isolierung und verminderte Aufstiegschancen, sowie der erhöhte Koordinationsaufwand und Störungen durch Familienmitglieder.
Als weiteres Problem für die Telearbeiter nennt die Studie die Tendenz der Unternehmen, durch Telearbeit das unternehmerische Risiko auszulagern. Najib Harabi von der Fachhochschule Solothurn: «Oft wird in Unternehmen durch Telearbeit die Auftragslage geglättet, Mitarbeiter werden zu einem fixen Pensum angestellt und je nach Aufträge darum gebeten, zusätzliche Funktionen zu übernehmen.»